„Man gebrauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge. “ (Arthur Schopenhauer)
Der Umgang mit Sprache in einer Zeitung lässt sich in der Tat auf diese einfache Stilregel reduzieren – schließlich soll der Inhalt eines Textes für jeden Leser gleichermaßen verständlich sein, ohne wichtige Umstände des Ereignisses zu verfälschen oder wegzulassen.
Hier ein paar grundsätzliche Regeln zum Verfassen von Zeitungsartikeln:
Wörter, Sätze, sprachliche Mittel
Wörter und Sätze sollten möglichst kurz, prägnant, konkret und anschaulich sein. Schreibt der Pressewart in seiner Mitteilung „Fluglehrer Karl Klammer erläuterte den Schnupperkursteilnehmern das Prinzip des Seitengleitfluges, bei dem das negative Wendemoment, welches bei Betätigung der Querruder entsteht, ausgenutzt und durch einen Tritt in das Seitenruder in Schieberichtung verstärkt wird und durch einen entgegensetzen Querruderausschlag ein stabiler Schiebeflugzustand erzielt wird, der aufgrund seines hohen Widerstandes eine Erhöhung der Sinkgeschwindigkeit bewirkt“, so wird der Redakteur den Schrieb entweder gleich in den Müll befördern oder zumindest diesen Absatz rücksichtslos streichen.Besser fährt der Pressewart beispielsweise so:
„Fluglehrer Karl Klammer erläuterte den Schnupperkursteilnehmern den Seitengleitflug, dessen Prinzip darin besteht, das Segelflugzeug bewusst so zu steuern, dass es möglichst viel Widerstand erzeugt. Dadurch erhöht sich die Sinkgeschwindigkei t. „.Aber auch diesen Satz könnte man noch vereinfachen:
„Fluglehrer Karl Klammer erläuterte den Schnupperkursteilnehmern unterschiedliche Flugmanöver zur Einteilung des Landeanfluges.“
Mehr will der Leser sowieso nicht wissen – und wenn doch, wird er sich sicher bald auf dem Flugplatz blicken lassen. Also: Nicht die Fülle an Details und Fakten ist entscheidend, sondern die Verständlichkeit für einen Laien.
Behördendeutsch
Vor allem Menschen, die oft mit Behörden zu tun haben (oder gar bei einer solchen arbeiten), neigen gern zu einer übertriebenen Substantivierung von Verben (Tu-Wörtern):
„Die Mitglieder erwirkten den Beschluss zur Anschaffung eines neuen Segelflugzeuges.“
Dieser Satz klingt trocken und langweilig und hemmt den Lesefluss. Warum nicht schreiben: „Die Mitglieder beschlossen, ein neues Segelflugzeug zu kaufen.“
Fremdwörter
Ebenso grausam wirken Fremdwörter. Ihre Verwendung muss auf ein erträgliches Maß reduziert, aber nicht erzwungen werden. Im Vorstand herrschen „Dissonanzen“ ersetzen wir durch „Im Vorstand herrschen Spannungen“, der „Computer“ wird jedoch nicht zu einer „elektronischen Rechenmaschine“.
Phrasendrescherei
Ein beliebtes Mittel, um Zeilen zu schinden, ist die Phrasendrescherei. „Das lautlose Gleiten am blauen Himmel über der Lüneburger Heide“ zwar ist ein netter Einstieg für einen Erlebnisbericht, sonst aber eher überflüssig. Ebenso:“Die Landrätin zeigte sich von dem Flugerlebnis beeindruckt.“
Warum nicht einfach „Die Landrätin war [..] beeindruckt“? Auch Bilder (Metaphern), die wir schon zu Tausenden gelesen haben, blasen den Text nur unnötig auf. Sie sollten nur verwendet werden, wenn sie entweder neu sind oder in einen originellen Zusammenhang benutzt werden.
Adjektive
Um eine Situation ausführlicher und angemessener zu beschreiben, sind Adjektive (Wie-Wörter) hilfreich. Mit ihnen kann man Umstände genauer definieren, sie bewerten, anschaulicher gestalten. Jedoch müssen die gewählten Adjektive auch passend sein. Ein „lebendiges Vereinsleben“ ist wohl selbstverständlich, denn Leben lebt immer. „Lebhaft“ ist hier eher angebracht. Steigerungen von Adjektiven werden oft falsch gebraucht: Weißer als weiß geht es nun mal nicht, ebenso wenig wie optimalste Bedingungen herrschen können.
Wiederholungen
Ein guter Text zeichnet sich dadurch aus, dass nur wenige Wiederholungen vorkommen. Bevor ich also in meiner Luftsport-Pressemitteilung fünfmal „Segelflugzeug“ schreibe, mache ich mir vorher Gedanken über geeignete Synonyme, also Ersatzwörter: „Segler, Gleiter, Maschine, Kunststoffvogel, Superorchidee, Flugzeug“: Von Ersetzungen durch Pronomen (persönliches Fürwort) um jeden Preis ist allerdings abzuraten.
„Das Wetter bereitete den Piloten große Schwierigkeiten, da es sich nur schwer einschätzen ließ. In den frühen Abendstunden führte es sogar soweit, dass es zu regnen begann und es den Segelfliegern unmöglich wurde, nach Hause zurückzukehren.“
Verwirrung ist vorprogrammiert. Indem man selbst nach Synonymen sucht, unterbindet man etwaige missglückte Versuche des Redakteurs, ein Wort zu ersetzen und möglicherweise einen falschen Eindruck hervorzurufen: Pilot = Hobbyflieger => negatives Image.
Über Satzbau
Kommen wir zu den Sätzen. Der schon einmal zu Beginn des Kapitels formulierte Satz zum Thema „Seitengleitflug“ ist ein abschreckendes Beispiel – er ist viel zu lang, verwirrend und wimmelt von Fachausdrücken:
„Fluglehrer Karl Klammer erläuterte den Schnupperkursteilnehmern das Prinzip des Seitengleitfluges, bei dem das negative Wendemoment, welches bei Betätigung der Querruder entsteht, ausgenutzt und durch einen Tritt in das Seitenruder in Schieberichtung verstärkt wird und durch einen entgegensetzen Querruderausschlag ein stabiler Schiebeflugzustand erzielt wird, der aufgrund seines hohen Widerstandes eine Erhöhung der Sinkgeschwindigkeit bewirkt.“Aber auch das Gegenteil erzielt nicht immer den gewünschten Effekt:
„Fluglehrer Karl Klammer erläuterte den Schnupperkursteilnehmern das Prinzip des Seitengleitfluges. Dabei wird zunächst das Querruder betätigt. Durch das negative Wendemoment wandert die Flugzeugnase aus. Dies nutzt man aus. Durch einen Seitenruderausschlag wird diese Bewegung unterstützt. Bla Bla Bla“
Die Aneinanderreihung von Hauptsätzen (parataktischer Satzbau) macht zwar den Inhalt verständlicher, erzeugt aber keinerlei Spannung oder Abwechslung. Wir müssen uns also die Mühe machen, eine angemessene Mischung von einfachem und komplexen Satzbau zu finden.
In unserem Abschreckungs-Beispiel wird auch der verschachtelte Satzbau deutlich: An den Hauptsatz „Fluglehrer Karl Klammer [..] des Seitengleitfluges“ sind zwei Nebensätze angehängt: „bei dem das negative Wendemoment [..] verstärkt wird“ und pdurch einen entgegengesetzten Querruderausschlag [..] erzielt wird‘. An beide Nebensätze ist wiederum je ein weiterer Nebensatz angefügt: „welches bei [..] entsteht“und „der aufgrund [..] bewirkt“.
Alles klar?
Aus dem Schachtelsatz:
„Sie hatte, als der Geschäftsführer eintraf, der vom Vereinsvorstand informiert worden war, der Presse bereits ihren Rücktritt mitgeteilt“,
können wir ein leichter verständliches Satzgefüge mit einem Hauptsatz und zwei Nebensätzen machen: „Sie hatte der Presse bereits ihren Rücktritt mitgeteilt, als der Geschäftsführer eintraf, der vom Vereinsvorstand informiert worden war.“
So wird dem Satz nicht nur ein wenig der Komplexität genommen, sondern der Knackpunkt des Satzes, nämlich der Rücktritt jenes Vorstandsmitgliedes, rückt weiter nach vorne in den Mittelpunkt. Noch einfacher sind allerdings sind zwei Sätze: „Sie hatte der Presse bereits ihren Rücktritt mitgeteilt, als der Geschäftsführer eintraf. Er wurde vom Vereinsvorstand informiert.“
Wichtig ist bei Schachtelsätzen, dass trennbare Verben vermieden werden („informierte“ statt „teilte [..] mit“ und die Hauptaussagen des Satzes nicht irgendwo hinten an stehen, sondern in den Vordergrund rücken. So vermeidet man unübersichtliche Sätze.
Aktiv und Passiv
Will man einen Text möglichst unpersönlich klingen lassen, so sind Passivkonstruktionen (Passiv = Leideform) zu verwenden: „Im Vorfeld waren die Mitglieder vom Vorsitzenden Detlef Dussel gebeten worden, der Gebührenerhöhung zuzustimmen. In der Mitgliederversammlung wurde der Antrag jedoch lautstark kritisiert.“
Weitaus lebendiger klingt der Satz jedoch so:
„Vorsitzender Detlef Dussel hatte die Mitglieder im Vorfeld gebeten, der Gebührenerhöhung zuzustimmen. In der Versammlung kritisierten sie den Antrag jedoch lautstark.“Passiv ist nur in folgenden Fällen angebracht:
• Man leidet wirklich: „Ich wurde von einem Hundgebissen.“
• Der Handelnde ist unwichtig: „Die Ausstellung ist geöffnet von 10 -18 Uhr.“
• Es gibt keinen direkt Handelnden: „In der Satzung ist vorgesehen, dass… “
Zitate
Zitate erhöhen den Wert eines Zeitungsartikels, machen ihn abwechslungsreicher, lebendiger und authentischer. Es gibt zwei Möglichkeiten, Zitate zu formulieren:
• Direkte Rede. „Mit der Teilnahme an der Weltmeisterschaft ist ein Traum für mich in Erfüllung gegangen“, betonte Fred Pflaume.
• Indirekte Rede (im Konjunktiv!): Mit der Teilnahme an der Weltmeisterschaftseiein Traum für ihn in Erfüllunggegangen, betonte Fred Pflaume.
Schreibregeln für Zahlen
Früher galt bei Zeitungen die Regel, Zahlen bis zwölf seien als Wort zu schreiben, darüber als Ziffer. Heutzutage lockert sich diese Vorschrift zusehends: Die Zahlen von 1 bis 12 werden ebenfalls als Ziffern geschrieben, wenn sie das nachfolgende Hauptwort näher bezeichnen („ein Drucker mit 9 Nadeln“). Zahlen von 13 an können ausgeschrieben werden, wenn sie übersichtlich sind („Er blickt auf fünfzig Jahre Flugerfahrung zurück.“)
Bei ungefähren Angaben wird die Zahl als Wort geschrieben, exakte Angaben stehen in Ziffern: „Tausend Teilnehmer besuchten den Flugtag“ – es könnten aber auch ein paar mehr oder weniger gewesen sein.